Der Weg ins Industrial Metaverse

In der Industrie von Morgen verschwimmen die Grenzen zwischen der physischen und digitalen Welt. Menschen interagieren mit Maschinen und Sensoren. Sie gestalten und optimieren gemeinsam, weltweit und in Echtzeit Prozesse, die in der aktuell vorherrschenden Industrie vielfach noch aufwändige Umprogrammierungen oder neue Konstruktionen erfordern.

Diese neue Industrie, die Industrie 4.0, entsteht gerade. Damit die Transformation dorthin gelingen und sie sich durchsetzen kann, braucht sie eine andere Infrastruktur als bisher. Das Industrial Metaverse ist so eine Infrastruktur, es ist sogar die entscheidende, die die Vision der Industrie 4.0 mit automatisierten, vernetzten, flexiblen und modellierbaren Industrieprozessen möglich macht. Im Industrial Metaverse verschmelzen die digitale und die reale Welt in der Fertigung, Steuerung und Planung.

Wie ist der Stand der Dinge, was wissen wir aktuell über das Industrial Metaverse? Welche Technologien spielen eine Rolle? Wir geben Antworten auf die wichtigsten Fragen und zeigen Ihnen, wie die Zukunft der Industrie aussehen kann.  

5 Key Takeaways zum Industrial Metaverse

  1. Im Industrial Metaverse verschmelzen die reale und die digitale Welt.  
  1. Es gibt aktuell noch keine einheitliche Definition. 
  1. Industrieprozesse werden flexibler, automatisierter, effizienter, kooperativer und nachhaltiger.  
  1. Das Industrial Metaverse entsteht auf Basis von Internettechnologie durch eine Kombination von Grundlagentechnologien (Hyperconvergence). 
  1. Digitale Zwillinge sind das Herzstück, Sensoren sorgen für Kommunikationsfähigkeit im Internet der Dinge, eine Plattform für das Zusammenspiel aller Daten.  

Mit dem Industrial Metaverse in die Zukunft   

Stabile Rahmenbedingungen sind eine Voraussetzung für funktionierende Wertschöpfungsketten von Industrieprozessen. Dazu gehören die ausreichende Verfügbarkeit von Rohstoffen, gut ausgebildete Fachkräfte und verlässliche Lieferketten. Besonders diese drei Faktoren haben aber in den letzten Jahren zu Engpässen geführt – und damit die Industrie vor große Herausforderungen gestellt. Dazu kommt ein weltweit hoher Wettbewerbsdruck, dem durch Innovation und Effizienzsteigerung in den Industrieprozessen begegnet werden kann. Oder besser: könnte. Denn der technologische Wandel und die damit einhergehende und erforderliche Digitalisierung sind in Deutschland zumindest noch nicht in dem Maß vorangeschritten, wie es eine zukunfts- und wettbewerbsfähige, resiliente Wirtschaft bräuchte. Die gesellschaftlich gewünscht und gesetzlich vorgeschriebenen Vorgaben für Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Dekarbonisierung führen zu weiteren Transformationsprozessen, die Unternehmen in die Gestaltung ihrer Produktions- und Fertigungsprozesse einbeziehen müssen.  

Die Lösungen für diese Herausforderungen kommen aus der Industrie 4.0. Sie liefert die organisatorischen Leitplanken, an denen sich Unternehmen orientieren können. Das Industrial Metaverse ergänzt die Industrie 4.0. Es ist der Raum, in dem die Industrie 4.0 sichtbar wird, in dem die theoretischen Ideen von Mensch-Maschine-Kooperation, cyber-physikalischen Systeme zur Vernetzung und dem Internet der Dinge in Anwendungen umgesetzt werden.  

Vorteil Industrial Metaverse 

Es gibt keine einheitliche Definition des Industrial Metaverse. Das liegt auch daran, dass das Konzept neu ist, aber vor allem daran, dass es branchenübergreifend und international angewendet wird und Standards fehlen. Es gibt bei allen Definitionsansätzen aber zumindest Übereinstimmung zu den Hauptmerkmalen: Das Industrial Metaverse sorgt durch die Konvergenz von Technologien und Informationen für Flexibilität und Automatisierung. Und genau das sind aus Sicht vieler Unternehmen die Schlüssel für Zukunftsfähigkeit. Mit dem Industrial Metaverse haben sie ein System, mit dem sie diese Ziele erreichen können.  

3 weitere wichtige Kennzeichen:  

  • Virtuelle Umgebung mit Digitalen Zwillingen, also Repräsentanzen von Produktionsanlagen und Prozessen, oder als Schulungsraum. 
  • Vernetzung und Zusammenarbeit von Menschen, Sensoren und Maschinen, auch für Produktschulungen, Daten entstehen in Echtzeit, sind verfügbar und können direkt genutzt werden.
     
  • KI kann eine Rolle spielen – aber das Industrial Metaverse funktioniert auch ohne KI,  Systeme sind interoperabel und dezentral.  

Im Industrial Metaverse fügen sich all diese Merkmale zu einem Ganzen zusammen, sind erfahrbar und erlebbar. Es ist eine Plattform, in die sich Menschen mit Standorten auf der ganzen Welt einloggen können. Sie werden Teil einer virtuellen Umgebung und haben alle gleichzeitig Zugriff auf die digitalen Abbilder, die Digitalen Zwillinge, von Produktionsanlagen und Fertigungsprozessen. Sie können modellieren, simulieren, optimieren, ändern, sich bestimmte Parameter anzeigen lassen, reparieren. Sie können auch in der virtuellen Umgebung einen neuen Digitalen Zwilling konstruieren und so testen, ob die Entwicklung in der realen Welt sinnvoll und realisierbar ist.  

  • Mehr dazu im Artikel „Digitaler Zwilling vs. Digitaler Schatten“  

Die Technologien im Industrial Metaverse 

Ein Digitaler Zwilling macht noch kein Industrial Metaverse – aber er ist das Herzstück, ohne ihn gäbe es das Industrial Metaverse nicht. Das Bahnbrechende wiederum, das, was das Industrial Metaverse von der bisherigen Art und Weise der Industrieproduktion unterscheidet, ist das Zusammenspiel von unterschiedlichen Grundlagentechnologien, die hyperkonvergente Infrastruktur. In der Verbindung mit Künstlicher Intelligenz, KI, ist es sogar die Prognosefähigkeit der Geräte, Maschinen und Prozesse im Internet der Dinge. Die Kombination aus Hardware, Software, IT-Infrastruktur und Konnektivitätstechnologien macht die Gleichzeitigkeit von realer und virtueller Welt erst möglich und führt zu Effizienzsteigerungen, Automatisierung und Flexibilität.  


Die wichtigsten Technologien und Zusammenhänge im Überblick:  

Digitaler Zwilling 

Der Digitale Zwilling ist entweder die virtuelle Nachbildung eines physischen Objekts, Prozesses oder Systems mit identischen Eigenschaften. Oder er ist eine Simulation, die entsteht, bevor der reale Zwilling gefertigt wird. Der Digitale Zwilling ermöglicht, dass Prozesse wie Optimierungen oder geplante Eingriffe in der realen Welt entweder erst einmal in der digitalen Welt durchgeführt und so getestet werden oder am Digitalen Zwilling vorgenommen werden, was sich auf den Zwilling in der realen Welt auswirkt.  

Virtual Reality und Augmented Reality 

Im Industrial Metaverse kann die virtuelle Umgebung eine Nachbildung einer bereits vorhandenen physischen Umgebung sein oder eine Simulation. Was es auch ist: Teams können immersiv in die virtuelle Umgebung eintauchen, sich dort standortunabhängig treffen, gemeinsam und parallel an Digitalen Zwillingen von Maschinen arbeiten, sich über Prozesse verständigen, Wartungen oder Schulungen durchführen.  

Die erweiterte Realität – AR: Augmented Reality – dockt direkt an der physischen Welt an. Ist eine Person an einem Gerät, werden Informationen, Daten oder auch Anweisungen auf dem Tablet in das Sichtfeld eingeblendet.  

Technologieplattform 

Die Schaltzentrale im Industrial Metaverse ist die Technologieplattform. Hier laufen alle Daten zusammen, die an den verschiedenen Stellen entstehen. Sie muss ausbaufähig sein, so dass bei einer Expansion weitere Technologien per Plug-and-Play angedockt werden können. Sie basiert auf Internettechnologie und ist in der Cloud verankert.  

Sensoren 

Die Sensoren an den Maschinen und Geräten sorgen dafür, dass Daten gesendet und empfangen werden können. Die Kommunikation erfolgt über eine zuvor festgelegte Sprache – was auch eine Programmiersprache sein kann.  

Internet der Dinge (IoT, Internet of Things) 

Das Internet der Dinge bezeichnet das Netzwerk von Geräten und Maschinen, die mit Sensoren ausgestattet und miteinander verbunden sind. Informationen aus dem Internet der Dinge laufen als Daten in der Plattform zusammen.  

KI, Künstliche Intelligenz 

Künstliche Intelligenz im Industrial Metaverse beruht auf Erfahrungswerten aus dem Internet der Dinge. Sie ermöglicht fortgeschrittene historische Datenanalysen, prädikative Analysen und sie liefert Entscheidungsgrundlagen unter der Berücksichtigung verschiedener Parameter und Szenarien. Sie erkennt in Prozessen Abweichungen von gewünschten Resultaten, kann Vorschläge zur Optimierung und Effizienzsteigerung unterbreiten und Routineaufgaben vornehmen.  

Blockchain  

Nicht alle Prozesse dürfen direkt gelöscht werden, wenn sie vollzogen sind. Manche Daten sind auch in Zukunft wichtig und müssen aufbewahrt werden. Eine unkomplizierte, datensichere Dokumentation ist durch die Blockchain gewährleistet.  

Interoperabilität 

Alle Komponenten im Industrial Metaverse müssen interoperabel konfiguriert sein, so dass an den Schnittstellen jederzeit eine Erweiterung oder Integration anderer Systeme ohne Einschränkungen möglich ist.  

Von der Vision zum Geschäftsmodell  

Noch wirkt es, als gäbe es erst wenige Beispiele für Anwendungen im Industrial Metaverse. Das täuscht. Transformation braucht Zeit – und über Zwischenschritte und Prozesse wird auch nicht so gerne gesprochen, wie über Ergebnisse. Unternehmen aus allen Branchen, besonders aber diejenigen aus den Fertigungsindustrien, entwickeln gerade ihren Weg ins und im Industrial Metaverse. Sie finden für sich die besten Anwendungen, testen Innovationen mit dem Digitalen Zwilling ohne Rohstoffe für den Bau echter Maschinen oder Anlagen zu verbrauchen, simulieren, verbessern ihre Prozesse und kommen durch die Vorteile der Automatisierung wieder dazu, kreativ zu denken und unternehmerisch zu planen. Sie stellen sich ihre maßgeschneiderten Technologien zusammen und sammeln Erfahrungen. In ein paar Jahren wird der Begriff Industrial Metaverse völlig normal sein und in dem eingehen, was es ist: Der Raum für nachhaltige, datenbasierte, vorausschauende Industrieproduktion zu Beginn des 21. Jahrhunderts.  


*Good to know:  Immersive virtuelle Umgebung 
Eine immersive Umgebung – aus dem Englischen „immersion“, zu Deutsch „Eintauchen“ oder „Versenken in eine Sache“ – beschreibt eine simulierte Umgebung, die mit Hilfe von VR-Technologie entsteht. Die Nutzerin / der Nutzer ist Teil dieser Umgebung und erlebt die virtuelle Welt wie eine reale. Sie / er kann dort interagieren und Aktionen auslösen.  

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